Meldungen des Jahres 2023

Meldung vom 01. Juni 2023

70. Jahrestag des 17. Juni 1953: Stadtführung und Kinoveranstaltung

Am 17. Juni 2023 jährt sich der Volksaufstand 1953 zum 70. Mal. Die Geschichtswerkstatt Jena lädt an diesem Tag zu einer thematischen Stadtführung und einer filmischen Zeitzeugendokumentation ein.

Demonstranten umringen einen sowjetischen Panzer auf dem Jenaer Holzmarkt am 17. Juni 1953. Foto: Stadtarchiv Jena


„… und sucht eure Strausberger Plätze überall“, sagte der DGB-Vorsitzende Ernst Scharnowski aus West-Berlin in einer Radioansprache in den frühen Morgenstunden des 17. Juni 1953 gerichtet an die Demonstrierenden in Ost-Berlin und in der gesamten DDR. Auch Jena gehörte zu den Hochburgen des Aufstands gegen die SED-Diktatur.
Der Rundgang führt an historische Plätze des 17. Juni 1953 in Jena.
Treffpunkt: Hanfried-Denkmal, Marktplatz
Beginn: 13.30 Uhr
Die Teilnahme ist ohne Anmeldung und kostenfrei möglich.
Die circa 90-minütige Führung wird geleitet durch Detlef Himmelreich (Gästeführer der Stadt Jena) und endet am Opferdenkmal an der Gerbergasse. Danach ist ein Spaziergang und Gedankenaustausch auf dem Weg zur nachfolgenden Kinoveranstaltung in Jena-Ost möglich.

Verhängung des Ausnahmezustands nach dem Aufstand. Quelle: GWS-Archiv

 

Filmische Zeitzeugendokumentation „Der 17. Juni 1953 in Jena“ mit anschließender Diskussion.
In der 2014 entstandenen Zeitzeugenwerkstatt kommen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des 17. Juni 1953 in Jena selbst zu Wort.
Treffpunkt: Schillerhof-Kino (Helmboldstraße 1, 07749 Jena)
Beginn: 16.00 Uhr, Eintritt: 3 €

Vorbestellung der Kinokarten: https://www.schillerhof.org/de/programm?showName=juni
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale politische Bildung Thüringen.

 

Weitere Veranstaltungen zum 70. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 in Thüringen sind zu finden unter: https://thueringen.de/70-jahre-volksaufstand

 

Meldung vom 04. Mai 2023

Neue Ausgabe der Zeitschrift „Gerbergasse 18“ erschienen: Das Jahr 1983

Es war mutmaßlich das gefährlichste Jahr des Kalten Krieges, aber es versinnbildlicht auch Mut und Hoffnung angesichts von Atombedrohung und Aufrüstungslogik: 1983. Das neue Heft blickt zurück auf die Zeit vor 40 Jahren, um Ereignisse und Prozesse nachzuzeichnen, die von diesem Jahr ausstrahlen – zum Teil bis in die Gegenwart.
Der Umgang des DDR-Regimes mit Andersdenkenden zeigte sich im Frühjahr und Sommer 1983 gegenüber zwei in Jena entstandenen, zwar nur kurzlebigen, aber wegweisenden Gruppen: der unabhängigen „Friedensgemeinschaft Jena“ und der Ausreisebewegung „Weißer Kreis“. Im Juli wurde öffentlich bekannt, dass der klamme SED-Staat einen Milliardenkredit westdeutscher Banken erhalten wird, vermittelt durch den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Auf dem regionalen Kirchentag in Wittenberg kam es im September zur symbolischen Umschmiedung gemäß der biblischen Losung „Schwerter zu Pflugscharen“, einem offiziell zensierten Ausspruch im „Friedensstaat DDR“. Im Oktober sang Udo Lindenberg im „Palast der Republik“ fast ausschließlich vor FDJ-Claqueuren den Song „Wozu sind Kriege da?“. Seine Kritik an der Raketenstationierung – in Ost und West – kostete ihn die ersehnte DDR-Tournee im Folgejahr. Und doch stand die Welt in jenem friedensbewegten Jahr (erneut) am Abgrund, weil die sowjetische Seite die NATO-Übung „Able Archer“ im November kurzzeitig als direkte Kriegsvorbereitung des Westens einordnete. Ende des Jahres erhielt Lech Wałęsa, stellvertretend für die freie Gewerkschaftsbewegung Solidarność, den Friedensnobelpreis, den in Oslo seine Frau und sein Sohn in Empfang nahmen, weil Wałęsa befürchten musste, nicht wieder nach Polen einreisen zu können.
Die Rubrik Zeitgeschichte enthält die Rekonstruktion eines Raubzugs der Staatssicherheit nach Antiquitäten in Südthüringen sowie das Porträt einer widerständigen Schülergruppe, die 1950 in Jena Flugblätter und die Satirezeitschrift „Tarantel“ verbreitete. Im Interview berichtet die Regisseurin Christa Pfafferott über ihre Recherchen zum Dokumentarflm „Die Ecke“, eine Spurensuche rund um ein Foto aus den letzten Kriegstagen 1945 im thüringischen Oberdorla. Der Schriftsteller Renatus Deckert nähert sich anhand eines rätselhaften Bücherfundes der Biografie eines hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiters und fragt: Wer war Peter G.?
Die Ausgabe wird abgerundet durch Buchbesprechungen zu einem geheimen Leipziger Tonband aus dem Jahr 1976, zu einem dissidentischen Erfurter Fotoalbum, zur Feldforschung in der ostdeutschen Provinz und zum kürzlich erschienenen „Schwarzbuch Putin“.

Das Inhaltsverzeichnis und Leseproben finden Sie hier.

Die neue Ausgabe der „Gerbergasse 18“ (Heft 106) ist im lokalen Buchhandel oder direkt über die Geschichtswerkstatt Jena erhältlich.

Meldung vom 18. März 2023

Friedensgemeinschaft Jena 1983. Skizzen eines Protests

Mit eigenen Plakaten und Transparenten trat die Friedensgemeinschaft Jena am 18. März 1983 an die Öffentlichkeit. Vierzig Jahre danach, am 18. März 2023, zeigt die Geschichtswerkstatt Jena eine filmische Zeitzeugendokumentation zu dieser DDR-weit einmaligen Aktion zivilgesellschaftlichen Engagements unter den Bedingungen der SED-Diktatur.

Anfang der 1980er Jahre engagierten sich junge Menschen in Jena für Veränderungen, miteinander verbunden durch christliche, pazifistische und humanistische Motive. Vor 40 Jahren – im Frühjahr 1983 – trat eine Gruppe mit eigenen Aktionen und Forderungen an die Öffentlichkeit. Auf ihren Transparenten und Plakaten stand unter anderem: „Frieden schaffen ohne Waffen“, „Verzichtet auf Gewalt“, „Militarisierung raus aus unserem Leben“, „Weg mit dem Kriegsspielzeug“ und „Schwerter zu Pflugscharen“. Über den DDR-weit singulären Vorgang wurde auch im Westen berichtet. „Zehn sind manchmal wie Zehntausend“, so hatte der Schriftsteller Jürgen Fuchs, bereits 1977 nach West-Berlin ausgewiesen, die besondere Situation in Jena beschrieben. Doch neben der staatlichen Propaganda vom „Friedensstaat DDR“ wurden die Stimmen einer unabhängigen Friedensbewegung nicht geduldet. Nach Repressionen durch Behörden und Geheimpolizei (Aktion „Gegenschlag“) verließen die meisten Mitglieder der Friedensgemeinschaft das Land.

In der filmischen Dokumentation von Daniel Börner und Torsten Eckold kommen 13 beteiligte Zeitzeuginnen und Zeitzeugen selbst zu Wort. Welche Lebenswege und Entscheidungen führten sie damals als Gruppe zusammen? Was bedeutete das Eintreten für Frieden auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges? Wie schauen die Protagonisten auf das Erlebte zurück?

 
 
© Geschichtswerkstatt 2023