Meldungen des Jahres 2014
Weihnachts- und Neujahrswünsche
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde und Förderer der Geschichtswerkstatt,
liebe Leserinnen und Leser der „Gerbergasse 18“,
die Geschichtswerkstatt wünscht Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start in das neue Jahr 2015! Wir danken Ihnen herzlich für die Unterstützung unserer Arbeit in den zurückliegenden Monaten und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.
Vielleicht suchen Sie für die ruhige Zeit zwischen den Jahren noch eine interessante Lektüre? Dann möchten wir Ihnen die aktuelle Ausgabe unserer Zeitschrift „Gerbergasse 18“ empfehlen. Neben Artikeln zum Schwerpunkt „Haft – Arbeit – Zwang“ finden Sie in Ausgabe 4/2014 weitere Beiträge zu Themen der Zeitgeschichte und des Zeitgeschehens. Das Inhaltsverzeichnis und Leseproben sind hier abrufbar. Im Jenaer Buchhandel ist die neue Ausgabe bereits erhältlich.
Falls Sie ein Abonnement unserer Zeitschrift an Freunde, Interessierte oder Kollegen verschenken möchten, dann können Sie das entsprechende Formular hier herunterladen.
Mit freundlichen Grüßen
Vorstand und Mitarbeiter der Geschichtswerkstatt Jena e. V.
PS: Bitte beachten Sie, dass unsere Geschäftsstelle vom 22.12.2014 bis zum 09.01.2015 nicht besetzt ist.
Ausgabe 4/2014 der "Gerbergasse 18" erschienen
Die Ausgabe 4/2014 unserer Zeitschrift "Gerbergasse 18" ist erschienen. Neben Artikeln zum Schwerpunkt "Haft – Arbeit – Zwang" finden Sie darin weitere Beiträge zu Themen der Zeitgeschichte und des Zeitgeschehens.
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Auszug der Regierungserklärung von Ministerpräsident Bodo Ramelow am 12. Dezember 2014 im Thüringer Landtag
„In meiner Antrittsrede heute vor einer Woche habe ich bereits deutlich gemacht, dass die Förderung der Gedenkstättenarbeit und der Erinnerungskultur besondere Schwerpunkte meiner Regierungsarbeit sein werden. Die Förderung der wissenschaftlichen Aufarbeitung und bildungspolitischer Projekte soll mit dazu beitragen, dass allen Generationen, aber insbesondere auch jungen Menschen ein Verständnis von und für Demokratie vermittelt und zivilgesellschaftliches Engagement angeregt wird.
Das Thüringer Modell einer dezentralen, zivilgesellschaftlich verfassten Aufarbeitungslandschaft, die im bundesweiten Vergleich Alleinstellungscharakter beanspruchen kann, wird weiter unterstützt. Die institutionelle Förderung der Grenzmuseen (Teistungen, Schifflersgrund und Mödlareuth) wird fortgeführt und ihre Zukunftsfähigkeit gesichert. Die Zuschüsse an Vereine und Initiativen als Träger von Einrichtungen der Aufarbeitung werden seit 2012 als institutionelle Förderung gewährt. Diese ist weiterhin zu sichern, um Qualität und Kontinuität für die Gedenkstätte Amthordurchgang (Gera), das Thüringer Archiv für Zeitgeschichte (Künstler für Andere e.V./Jena) und die Geschichtswerkstatt Jena zu gewährleisten. Der Aufbau der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße Erfurt als zentraler Ort der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen ist abgeschlossen. Ihre mehrdimensionale Ausrichtung, die sowohl die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur als auch das Gedenken einschließlich erfahrungsgeschichtliches Forum und die Stärkung des Bewusstseins für Freiheit und Demokratie umfasst, wird seit der Übergabe des Hauses im Dezember 2012 von der Stiftung Ettersberg programmatisch stetig fortentwickelt. Der Betrieb mit einem vielfältigen, anspruchsvollen Programmangebot in Museumspädagogik und historisch-politischer Bildung bedarf der nachhaltigen Unterstützung.
Mit der Neubesetzung von Vorstandsvorsitz und Gremien steht die Stiftung vor einer Phase der stärkeren wissenschaftlichen Profilierung, die von einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Hochschulbereich begleitet werden soll.
Die periodische Evaluation von Entwicklungsstand und -perspektiven der Thüringer Aufarbeitungslandschaft wird inhaltlich beraten und begleitet durch den auf Empfehlung der Historikerkommission eingerichteten Fachbeirat für Aufarbeitung. Zu seinen Aufgaben zählt auch die Beratung in Förderangelegenheiten.
Thüringen hat den Bund und benachbarte Bundesländer für den Auf- und Ausbau der Thüringer Gedenkstättenlandschaft als Partner gewonnen. Die herausgehobene, überregionale Bedeutung von Projekten und Einrichtungen der Aufarbeitung in Thüringen wird dadurch unterstrichen. Als aktuelles gemeinsames Vorhaben wird auf Grundlage der Empfehlungen der Historikerkommission eine Entwicklungsmaßnahme für das Grenzmuseum Schifflersgrund vorbereitet.
2015 jährt sich der 70. Jahrestag der Befreiung Buchenwalds, zudem wir auch hoch betagte Zeitzeugen als Gäste begrüßen werden. Wir unterstützen die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora bei der Neugestaltung der Dauerausstellung um auch künftig eine Form des Erinnerns und Vermittelns an nachfolgende Generationen zu sichern. Die Erinnerung an die NS-Herrschaft muss eine wichtige Rolle in der schulischen, außerschulischen und Erwachsenenbildung spielen und dabei Erkenntnisse aktueller Forschungsergebnisse aufgreifen.“
(Quelle: Freistaat Thüringen (PDF-Datei, S. 12 f.); Video: YouTube-Kanal „Die Linke“)
Aktuelle Presseberichte:
Stellungnahmen der Geschichtswerkstatt Jena:
- „Verstörende Nachrichten und ein ganz falsches Signal“ + „12-Punkte-Plan der Geschichtswerkstatt Jena zur strukturellen und finanziellen Sicherung der dezentralen Aufarbeitungslandschaft in Thüringen“ (04.11.2014)
- „Thüringen unter Linksbündnis: Aufbruch oder Rückschritt? Ein Kommentar der Geschichtswerkstatt Jena“ (04.12.2014)
25 Jahre Besetzung der Stasi-Bezirkszentrale Erfurt – Festakt am 4. Dezember 2014
- Rede von Christian Dietrich, Thüringer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Fotos: Gedenkveranstaltung zur Besetzung der Stasizentrale in Erfurt am 04.12.2014/Henning Pietzsch
Doppelvortrag und Diskussion zu "Vorreitern der Friedlichen Revolution" am 10.12.2014
Am 10. Dezember 2014 waren Udo Scheer und Rainer Eckert auf Einladung der Geschichtswerkstatt und des Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Jena und stellten unter dem Motto „Vorreiter der Friedlichen Revolution“ ihre kürzlich erschienenen Bücher vor:
Der Schriftsteller Udo Scheer befasst sich in der Studie „Wir kommen wieder! Plauen 89. Eine Stadt demonstriert sich nach Deutschland“ (Mitteldeutscher Verlag, 2014, ISBN 978-3-95462-436-2) mit den Vorgängen in Plauen, d. h. in der grenznah gelegenen „Provinz“. Von Bedeutung ist dabei nicht zuletzt die Städtepartnerschaft mit dem bayerischen Hof, die – misstrauisch beäugt von SED und Stasi – auch von unten wachsen konnte. Bereits am 7. Oktober 1989, also am 40. Jahrestag der DDR-Republikgründung, fand in Plauen eine Großdemonstration statt. Nahezu 20.000 Menschen gingen auf die Straße, um gegen die SED-Herrschaft zu protestieren; die „bewaffneten Organe“ konnte diese Eruption des Volkzorns nicht mehr mit Gewalt unterdrücken. Die „Tragik“ dieser Ereignisse in Plauen besteht wohl darin, dass sie – mangels weitreichender Berichterstattung in den westlichen Medien – in ihrer Bedeutung lang Zeit unbekannt geblieben sind. Das Buch von Udo Scheer wird dies hoffentlich ändern.
Die Ereignisse des 9. Oktober 1989 in der „Heldenstadt“ Leipzig sind im Gegensatz zu den Protesten in Plauen wohl weltbekannt. Der Historiker und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Rainer Eckert, Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig, geht in seinem Buch „Opposition, Widerstand und Revolution. Widerständiges Verhalten in Leipzig im 19. und 20. Jahrhundert“ (Mitteldeutscher Verlag, 2014, ISBN 978-3-95462-343-3) aber noch einen Schritt weiter: Er ordnet die Ereignisse der Friedlichen Revolution in den weiteren Kontext von Widerstand und Opposition in der „Bürgerstadt“ Leipzig ein. Im Vorwort schreibt Lutz Rathenow, Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, dass Leipzig „eine erstaunliche Stadt [ist]. Sicher die wichtigste Stadt in Deutschland, die keine Landeshauptstadt und kein Stadtstaat unter den Bundesländern geworden ist. Ihr Verdienst für das Zustandekommen der Friedlichen Revolution 1989 scheint so selbstverständlich zu sein, dass über dem regelmäßigen Benennen dieses Verdienstes die genauen historischen Leistungen verblassen.“ (S. 9)
In der anschließenden Diskussion konnte glücklicherweise eine erhitzte Debatte um das „Welche Stadt war 1989 zuerst dabei?“ vermieden werden. Vielmehr ging es um regionale Unterschiede, das Wann und Wie der Vernetzung oppositioneller Gruppierungen, die Interdependenz von intellektueller Vorbereitung und Massenprotesten usw. Auch die naheliegende Frage nach der Bedeutung der Wahl eines Linkenpolitikers zum Thüringer Ministerpräsidenten wurde gestellt und im Rahmen der Möglichkeiten (die Abstimmung liegt immerhin erst eine gute Woche zurück) beantwortet. Schade nur, dass sich so wenige Zuhörer bzw. Mitdiskutanten in den Vortragsraum der Jenaer Volkshochschule „verirrt“ hatten.
(Text: Stefan Walter / Grafiken: Mitteldeutscher Verlag)
Stellv. Generalintendant des DDR-Rundfunks gestorben
Wernfried Maltusch, 1926 in Sauo, Niederlausitz geboren, war 1989/90 stellvertretender Generalintendant des DDR-Rundfunks und eine schillernde Persönlichkeit. In den Anfangsjahren der DDR hatte er Karriere in der FDJ und der SED-Kreisleitung Brandenburg gemacht, schied aber bereits 1952 aus der SED-Nomenklatura aus. Über die Akademie der Wissenschaften kam er zum Rundfunk, wo er 1967 den „Arbeitsbereich Soziologische Forschung“ gründete. Maltusch übernahm im Auftrag des MfS (Deckname: „Maser“) Reisen ins westliche Ausland, wurde seinerseits ab 1970 observiert und 1972 unter dem Vorwurf des „ideologischen Diversionsversuchs“ seines Amtes enthoben.
Am 28. November 1989 rehabilitiert, wurde Wernfried Maltusch zwei Tage später unter Manfred Klein zum stellvertretenden Generalintendanten des DDR-Rundfunks berufen. Als Mitglied der SDP-Medienkommission (Sozialdemokratische Partei in der DDR) und, ab November 1990, Mitglied des Beraterstabes des Rundfunkbeauftragten Rudolf Mühlfenzl, war er maßgeblich an der Abwicklung des DDR-Rundfunks beteiligt.
Wie seine Familie bestätigte, ist Wernfried Maltusch am Sonntag, den 16. November 2014, zwei Stunden nach seinem 88. Geburtstag, in seinem Haus in Berlin-Johannisthal nach kurzer und schwerer Krankheit gestorben.
Patrick Conley, Berlin
Thüringen unter Linksbündnis: Aufbruch oder Rückschritt? Ein Kommentar der Geschichtswerkstatt Jena
Am 3. Dezember 2014 fand eine viel beachtete Gesprächsrunde beim Weimar-Dialog in der Jacobskirche in Weimar statt. Angeregt und organisiert hatten die Diskussion der Weimarer Kulturdienst-Chef Martin Kranz und die Gemeinde der Jacobskirche in Weimar. Gastgeber der öffentlichen Debatte war der Pfarrer der Gemeinde, Hardy Rylke. Martin Kranz und Gerlinde Sommer, stellvertretende Chefredakteurin der TLZ, moderierten die höchst interessante Gesprächsrunde. An der Gesprächsrunde nahmen der designierte Thüringer Ministerpräsident, Bodo Ramelow, der derzeitige Oppositionsführer und Vorsitzende der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Mike Mohring, sowie der Thüringer Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Christian Dietrich, teil. Der Ort der öffentlichen Debatte war gut gewählt. Die Jakobskirche in Weimar ist einer der Orte der Friedlichen Revolution, an dem sich vor 25 Jahren viele Menschen zusammengefunden hatten, um für Demokratie, Reformen und Freiheit zu protestieren.
Hintergrund für dieses aktuelle Treffen sind die Sorgen vieler Menschen in Thüringen, dass eine von der Partei Die Linke geführte Koalitionsregierung mit Bündnis 90/Die Grünen und der SPD die weitere Aufarbeitung der SED-Diktatur schwer beschädigen könne und dass die bisher geäußerten Absichten der Linken dazu (vgl. Koalitionsvertrag) vor allem ein Alibi seien, um an die Macht zu gelangen. Hinweise darauf seien vor allem die Tatsache, dass nach wie vor ehemalige Spitzel (ehemalige Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit) und Menschen mit ehemals staatstragender Funktion im SED-Staat in den Reihen der Linken zukünftig politisch tonangebend seien. Das würde das politische Klima im Land erheblich verschlechtern. Die Linke sei zudem in Bezug auf die Frage nach der jeweiligen persönlichen Schuld ehemaliger Täter kaum als Repräsentant unserer Demokratie zu akzeptieren, geschweige denn ernst zu nehmen für eine ehrliche Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur. Der Partei Die Linke wird unterstellt, „Wendehälse“ in ihrer Partei versuchten seit Jahren, mit den Mitteln der demokratischen Legitimation an die Macht zu gelangen, um einen „zweiten Sozialismus“ um- und durchzusetzen.
Dass auch eine Partei wie Die Linke, eingebettet in demokratische Spielregeln, nicht einfach einen Sozialismus einführen kann, scheinen viele unabhängig von deren verkündeten Zielen nach sozialer Gerechtigkeit nicht zu verstehen.
25 Jahre nach dem Mauerfall und der Friedlichen Revolution haben nun viele Bürger, die ein Linksbündnis mit den Grünen und der SPD ablehnen, die große Sorge, dass mit der Linkspartei und einem linken Ministerpräsidenten Ramelow ein Stück alte DDR zurückkehrt und dass die Täter von einst die zukünftigen Regierungsgeschicke mitbestimmen. „Droht jetzt der Rückschritt? Gibt es einen Aufbruch – vor allem auch im Umgang mit eigener Verstrickung und Schuld?“ fragte im Vorfeld die TLZ in einem Beitrag vom 27. November 2014. Organisator Martin Kranz wollte daher unter anderem wissen: Was machte der Unrechtsstaat DDR mit den Menschen und wie steht es um die Aufarbeitung der Diktatur vor allem in Thüringen?
In der Diskussionsrunde wurden die bekannten Standpunkte vertreten. Ramelow betonte, dass die innerparteiliche Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und dem Stalinismus seit Jahren vorangetrieben wurde und werde, dass auch die aktuell öffentlich bekannten Mitglieder und Funktionsträger der Partei Die Linke, die in der DDR IM waren oder staatstragende Funktionen bekleideten, von den Wählern durch die Wahlen demokratisch legitimiert wurden und besonders diese zu ihrer Vergangenheit stehen würden. Inwieweit sie allerdings daraus persönliche Konsequenzen gezogen haben, blieb letztlich offen. Die Offenlegung der ehemaligen Funktionen im SED-Staat und vor allem der Spitzeltätigkeit kann ja kaum ein moralischer Ausweis dafür sein, nun unter den Bedingungen der Demokratie weniger anfällig zu sein für gescheiterte sozialistische Experimente und Diktatur. Der Vorwurf, „Wendehälse“ zu sein, kann so nicht ausgeräumt werden.
Gleichwohl war Bodo Ramelow anzumerken, dass er die zukünftige Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und Aufarbeitung derselben persönlich ernst nimmt. Dabei verwies er auf seine Gesprächsbereitschaft mit allen Gruppen der Aufarbeitung, die er ja im Vorfeld u. a. auch mit dem Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Geschichtswerkstatt Jena gesucht habe. Die präzisen Inhalte zur zukünftigen Aufarbeitung der SED-Diktatur im vereinbarten Koalitionsvertrag seien auch deshalb möglich geworden.
Mike Mohring warf ein, dass das alleinige Bekenntnis zum Unrechtsstaat noch keine Aufarbeitung sei, geschweige denn gewährleiste. Für ihn seien deshalb die in der Präambel des Koalitionsvertrags geäußerten Bekenntnisse schlicht „zu dünn“, um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur erwarten zu können. Christian Dietrich verwies zu Recht darauf, dass es aber eben auch viele Opfer der Diktatur gebe, die eine Gesprächsbereitschaft mit der Linken ablehnen. Dies zu respektieren, sei Teil des Respekts vor den Opfern und Teil der Schwierigkeit in der Aufarbeitung des Unrechtsstaates DDR.
Alle drei waren sich darin einig, dass man ungeachtet der unterschiedlichen Biografien und der politischen Verwerfungen die gemeinsame Gesprächsbereitschaft aufrechterhalten müsse.
Dabei komme es aber eben auch darauf an, dass nicht nur jene zu Wort kommen, die das SED-System abgelehnt hätten, so Dietrich. Er habe in seiner Pfarrgemeinde im Rahmen zahlreicher Erzähl- und Gesprächsrunden die Erfahrung gemacht, dass besonders die Geschichten und Erfahrungen der Menschen von Bedeutung seien für ein Verständnis dafür, wie Diktatur funktionierte, die in der Regel nicht öffentlich zu Wort kommen, und dass man da auch vieles mehr erfahre über die DDR als allein in Darstellungen über jene, die sich gegen das SED-System wendeten.
Christian Dietrich: "Es sollen alle zu Wort kommen können. Nicht nur die, die das System abgelehnt hätten, habe ich sicher nicht gesagt, da es die auf den Dörfern so nicht gab! Meine Pointe war, das dort, wo es diese Erzählungen gibt, das Nebeneinander auch ausgehalten werden muss und nicht in der wissenschaftlichen Aufarbeitung [von Frau Prof. Satjukow] dann nur Erinnerungen der 'Systemträger' wiedergegeben werden (s. mein Beitrag 'Das Russendorf und seine Hypotheken. Das Verhältnis von Bevölkerung und Sowjetarmee in Nohra bei Weimar' in Ausgabe 2/2012 der 'Gerbergasse 18')."
Zwei Themen bleiben im Raum. Zum einen die Frage nach „Elitekontinuitäten“ nach politischen Machtwechseln. Das bezieht diejenigen der ehemaligen Eliten genauso ein wie jene, die aus den so genannten Blockparteien nach der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung in anderen demokratischen Parteien Eingang fanden. Zum anderen bleibt die konkrete Aufgabe, Foren zu etablieren, wo Menschen ihre Geschichte und ihre Erfahrungen einbringen möchten und können. Während Ersteres eher durch wissenschaftliche Arbeiten erschlossen werden kann, erschießt sich Letzteres durch geeignete dezentrale Projekte, die zukünftig nachhaltig zu befördern sind.
Gerade die Geschichtswerkstatt Jena hat dazu seit Jahren mit äußerst knappen Mitteln vorbildhafte regionale Zeitzeugenprojekte initiiert (Zeitzeugenwerkstatt). Zuletzt wurden aber weiterführende und erweiterte Projektanträge von der CDU/SPD-Regierung Thüringens immer wieder finanziell stark beschnitten oder einfach nicht mehr bewilligt. Ein Mitarbeiter des zur Zeit noch aktuellen Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur äußerte sich vor kurzem auf Nachfrage, warum die Zeitzeugenwerkstatt der Geschichtswerkstatt keine Aussicht mehr habe auf weitere Projektförderung: Wozu wolle man in der zigfachen Auflage noch mehr Zeitzeugen befragen zu den immer gleichen Themen, bei den bereits durchgeführten Gesprächen sei ohnehin schon alles mehrfach gesagt worden. Ist das Ignoranz oder eine finanzgesteuerte Aussage? Wohl beides. Denn auf der einen Seite fehlte wohl komplett das Verständnis für die Bedeutung von Geschichten und Erfahrungen der Menschen, die in der Diktatur lebten und dass nur ihre Geschichten und Erfahrungen uns berichten können, wie Diktatur funktionierte. Zum anderen stehen hinter solchen Aussage natürlich auch fiskalische Überlegungen. Denn wenn ich einen kleinen Topf habe für Projektmittel von gerade einmal dreißigtausend Euro im Jahr, zuletzt nach meiner Kenntnis sogar immer weniger, dann kann ich offensichtlich keine professionellen Projekte fördern. Zugleich fordert aber nicht zuletzt die Politik immer wieder, dass gerade an der Professionalität auch der zivilgesellschaftlichen Einrichtungen gearbeitet werden solle. Wie geht das zusammen?
Man darf also gespannt sein, wie viel die Koalitionspartner der neuen Regierung von den im Koalitionsvertrag ganz konkret benannten Aufgaben umsetzen können und wieviel davon die Opposition mit trägt. Absichtserklärungen wurden in den letzten Jahren viele abgegeben. Doch nur, wenn die Auseinandersetzung mit der Diktaturgeschichte wirklich bei den Menschen ankommt, werden wir ins Gespräch kommen, Erfahrungen teilen und vielleicht sogar verzeihen oder gar heilen können. Ziele, die alle drei Diskutanten in verschiedener Form erklärten und einmütig bejahten. Eine praktische Umsetzung wäre in der Tat ein Aufbruch!
Die im vorliegenden Koalitionsvertrag Eingang gefundenen konkreten Forderungen zur zukünftigen Gestaltung und Umsetzung der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen sind jedenfalls auch ein Ergebnis der Gespräche, die Bodo Ramelow mit Vertretern des Vorstandes der Geschichtswerkstatt Jena Anfang Oktober führte – wohl eine Ausnahme unter den Mahnern. Im Ergebnis stellte die Geschichtswerkstatt Jena Mitte Oktober einen 12-Punkte-Katalog auf, der danach über die Vertreter der Linkenfraktion seine weitgehende Umsetzung im Koalitionsvertrag (in Ausgabe 4/2014 der „Gerbergasse 18“ wird beides gegenübergestellt) fand. Insofern sind die bekannt gewordenen Hinweise darauf, wonach Bündnis 90/Die Grünen diesen Part für sich allein in Anspruch nehmen, wohl nicht ganz richtig. In der Öffentlichkeit wurde der Katalog der Geschichtswerkstatt trotz Veröffentlichung kaum beachtet oder diskutiert. Unterschreiben werden den Koalitionsvertrag am 4. Dezember 2014 letztlich drei Koalitionspartner. Und darauf kommt es an, was in Zukunft passiert: Rückschritt, Stillstand oder Aufbruch.
Dr. Henning Pietzsch,
Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Jena
(Foto: Weimar-Dialog am 03.12.2014 mit (v. l.) Gerlinde Sommer, Bodo Ramelow, Christian Dietrich, Mike Mohring und Martin Kranz / Henning Pietzsch)
Putins Beutezug in der Ukraine – ein polemischer Kommentar zur Wahrnehmung der russischen Nation von Dr. Henning Pietzsch
Wladimir Putin, der bescheidene Befreier der geschundenen russischen Brüder in der Ukraine, der siegreiche Rächer der „historischen Zurücksetzung“ und Wiederhersteller russischer Interessen, der Versteher der patriotischen russischen Gefühle, Putin ist mit seiner Klitterung historischer Fakten und der beißenden Demagogie gegen „den Westen“ und mit seiner inszenierten Propaganda in Europa gescheitert. Die verführten Bewohner der Krim und vermutlich zukünftig auch der Ost-Ukraine werden dagegen bitter leiden unter einer autokratischen russischen Herrschaft, die nach der philosophischen Logik Platons in eine neue politische Diktatur führen und Russland zugleich ökonomisch und außenpolitisch auf Dauer schwächen wird. Obendrein führt Putins schlichter Nationalismus Russland in die internationale Isolation. Weiter lesen ...
- Erstveröffentlichung auf Ukraine-Nachrichten.de am 11.09.2014:
http://ukraine-nachrichten.de/putins-beutezug-in-der-ukraine-ein-polemischer-kommentar-zur-wahrnehmung-der-russischen-nation_4080_meinungen-analysen
- Zur Neuordnung der Grenzen Osteuropas im 20. Jahrhundert und die Folgen auch der Beitrag in Ausgabe 2/2014 der "Gerbergasse 18":
Henning Pietzsch – "Churchills Verrat an Polen? Die Neuordnung der Grenzen Europas im 20. Jahrhundert" - "Informationen zur politischen Bildung" der Bundeszentrale für politische Bildung: Sowjetunion I: 1917-1953 und Sowjetunion II: 1953-1991
- Zeitschrift "Osteuropa", 64 (2014), Hefte 5-6, über das Thema "Zerreißprobe. Ukraine: Konflikt, Krise, Krieg": Die Ukraine, Russland und die EU Russlands rechtswidrige Annexion der Krim, die Destabilisierung der Ostukraine sowie die Propagandakampagne gegen die Majdan-Bewegung und den „Westen“ haben eine tiefe Krise in den internationalen Beziehungen ausgelöst. Die Entfremdung zwischen Russland und der EU ist gewachsen. Deutschland und die EU sollten das zum Anlass nehmen, Fehleinschätzungen über den Charakter und die Interessen des Systems Putin zu korrigieren, ihre Politik gegenüber der Ukraine und den östlichen Nachbarstaaten neu zu justieren und langfristige strategische Entwicklungsoptionen für diese Länder zu definieren. Das bietet die Chance, Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Nähere Informationen hier und hier.
Foto: Anti-Putin-Demonstration vor dem Berliner Reichstag am 21.09.2014/Henning Pietzsch
Nachlese: Die Geschichtswerkstatt Jena im Jahr 2014
Eine Rückschau auf unsere Arbeit im Jahr 2014 wäre unvollständig ohne die Nennung von Aktivitäten und Nachrichten, die bislang auf dieser Internetseite keine Erwähnung gefunden haben:
- Am 30. März 2014 berichtete die mitteldeutsche Kirchenzeitung "Glaube+Heimat" unter der Überschrift "Ersatzfeld für unabhängige Aktivitäten. Themenheft der Jenaer Zeitschrift 'Gerbergasse 18' über Religion im SED-Staat" über Ausgabe 4/2013 unserer Zeitschrift. Der Artikel ist hier abrufbar.
- Vom 22. bis 28. August 2014 veranstaltete das "Jena Center for Reconciliation Studies" (JCRS) der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) gemeinsam mit dem Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung seine 4. Internationale Sommerschule über die Thematik "Societies in Transition. Former Soviet Union and East Central Europe between Conflict and Reconciliation". Unterstützt wurde die Sommerschule u. a. von der Bundeszentrale für politische Bildung, der Ernst-Abbe-Stiftung, der Gesellschaft der Freunde und Förderer der FSU und der Geschichtswerkstatt Jena e. V.
Ein Tagungsbericht vom 8. November 2014 für die Plattform "H-Soz-Kult" kann hier abgerufen werden. Weitere Berichte zur Sommerschule sind auf der Homepage des Herder-Instituts und der FSU verfügbar. - Am 3. Oktober 2014 wurde die von der Geschichtswerkstatt Jena zur Verfügung gestellte Ausstellung "Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme" im Rathaus der Stadt Dornburg-Camburg mit einer Vernissage eröffnet. Unser Vereinsmitglied Detlef Himmelreich führte die Anwesenden in die Thematik ein. Ein Bericht ist hier abrufbar.
- Am 16. Oktober 2014 moderierte Dr. Henning Pietzsch, Historiker und Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Jena e. V., die Tagung "25 Jahre Mauerfall – Vom Umgang mit der DDR-Geschichte" des Verfassungsschutzes Niedersachsen. Nähere Informationen sind hier zu finden, darunter das Tagungsprogramm und eine Fotogalerie.
In der Presseinfo heißt es zur Veranstaltung: "Niedersachsens Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, hat am Donnerstag (16. Oktober 2014) die Gäste und Referenten zum Symposium '25 Jahre nach dem Mauerfall – Vom Umgang mit der DDR' in Helmstedt begrüßt. 'Der Mauerfall ist gerade deshalb ein überaus wertvoller und beeindruckender Teil unserer Geschichte, weil die Mauer und damit das Symbol kommunistischer Gewaltherrschaft letztlich ohne Gewalt gefallen ist, eine friedliche Revolution ohne Blutvergießen. Dies ist in der deutschen Geschichte einmalig', sagte Pistorius. Der Niedersächsische Verfassungsschutz habe das Tagungsthema daher sehr bewusst gewählt, um ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall zurückzudenken und auch nach vorne zu schauen, ergänzte die Präsidentin des Niedersächsischen Verfassungsschutzes Maren, Brandenburger." (Foto: Verfassungsschutz Niedersachsen) - Für ihren Film "Der steinerne Horizont – Wo in Potsdam die DDR endete" erhielten 16 SchülerInnen der Oberstufe der Waldorfschule Potsdam beim Schülerwettbewerb der Geschichtswerkstatt Jena 2011 den ersten Preis und den dritten Platz beim History-Award 2011. Wir freuen uns, das Video nun auch auf unserer Homepage präsentieren zu können:
Heinz Voigt (1948-2014) – ein streitbarer Zeitgenosse mit spitzer Feder
Am 22.11.2014 fand in Weimar auf dem Stadtfriedhof die Beerdigung von Heinz Voigt statt. Der Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Jena, Dr. Henning Pietzsch, und weitere Mitglieder des Vereins begleiteten Heinz auf seinem letzten Weg. In einer beeindruckenden Rede beschrieb Dr. Jochen Anton Friedel vor dem Hintergrund der eigenen Biografie in der DDR u. a. die Chancen und Möglichkeiten, mit Heinz im Rahmen der Arbeit der Geschichtswerkstatt zusammenzuarbeiten. Friedel selbst war in den 1970er Jahren vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) als Oppositioneller eingestuft und politisch verfolgt worden.
Heinz, der sich vor allem in seiner Zeit als Redakteur der „Gerbergasse 18“ Verdienste um die Auseinandersetzung mit dem SED-Regime erwarb und vehement für die Aufklärung der brutalen Geheimdienstarbeit des MfS eintrat, war wie mit vielen anderen politisch Verfolgten auch mit Friedel eng und im freundschaftlichen Kontakt verbunden. Zu seiner Biografie und der politischen Verfolgung veröffentlichte Heinz u. a. im Heft 2 der „Gerbergasse 18“, Ausgabe II/1996, unter dem Titel „Vom Trotzkisten zum OV ‚Revisionist‘. Jochen Anton Friedel: Sie haben mich fertigmachen wollen.“ Aber auch Friedel selbst veröffentlichte im Heft 13 der „Gerbergasse 18“, Ausgabe II/1999, unter dem Titel „Wir waren der Stasi ausgeliefert“.
Der Vorstand und die Mitglieder des Vereins Geschichtswerkstatt Jena danken den Kindern von Heinz Voigt, vor allem der Tochter, Sibylle Voigt, für die Möglichkeit, gemeinsam von Heinz Abschied zu nehmen. Ihr Verständnis und Einverständnis vorausgesetzt, werden wir die begonnene Arbeit von Heinz fort- und zu Ende führen und in seinem Namen veröffentlichen.
Dr. Henning Pietzsch,
Vorsitzender
im Namen des Vorstandes und der Mitglieder des Geschichtswerkstatt Jena e. V.
Geschichtswerkstatt Jena e. V. – ein Verein mit Vergangenheit und Zukunft
Rund 1.500 Stunden an ehrenamtlicher Arbeit brachte im Jahr 2014 der seit 2013 aktive Vorstand gemeinsam mit alten und neuen Mitgliedern in die Vereinsarbeit ein, um Projekte und Veranstaltungen des Vereins in Eigenregie oder gemeinsam mit Kooperationspartnern umzusetzen.
Um das zu würdigen, lud der Verein am 21.11.2014 zum dritten Stammtisch in diesem Jahr ein und zog mit den anwesenden Mitgliedern Bilanz für das Jahr 2014. Die zahlreiche Teilnahme am Stammtisch und die sehr gute Stimmung unter den Mitgliedern zeige, so der Vereinsvorsitzende Dr. Henning Pietzsch, „dass unser Verein auf ein erfolgreiches Jahr 2014 zurückblicken kann. […] Unser lokaler Verein hat sich auf der Basis einer viele Jahre bestehenden Vereinsarbeit ein überregionales Profil erarbeitet und wird von vielen historisch und politisch Interessierten, zunehmend aber auch von politischer Seite und von Wissenschaftlern, als Kooperationspartner akzeptiert und als Wissensvermittler geschätzt. […] Die strukturellen Veränderungen in Anpassung an die aktuelle gesellschaftliche und politische Lage sowie die technische und personelle Erneuerung wirken sich positiv auf den Verein und seine Ziele aus.“ Das sei nicht zuletzt dem ehrenamtlichen Engagement vieler Mitglieder zu verdanken. „Unser Geschichts-Verein, der sich mit der deutschen Zeitgeschichte und der Aufarbeitung der Diktaturgeschichte befasst, hat, trotz mancher Kritiker, die die Zeitgeschichte am liebsten abgeschafft sehen würden oder als antiquiert bezeichnen, Zukunft. Der oft zitierte Gedanke, ohne Geschichtskenntnisse lasse sich keine Zukunft gestalten, ist keine Floskel. Nur wer aus der Geschichte lernt, und wir Deutschen hatten und haben da immer noch viel zu lernen, kann die Ereignisse der Gegenwart realistischer einordnen und erkennen, was Handlungen, die auf die Zukunft gerichtet sind, in Zukunft bewirken können.“ Dies, so Pietzsch weiter, treffe auf fast alle aktuellen politischen Themen zu: „Was heute entschieden wird in Bezug auf innen- wie außenpolitische Fragen, wird zukünftige Fakten schaffen. Je mehr wir also uns dabei von historischen Erkenntnissen als eine wesentliche Basis unserer Demokratie leiten lassen, desto realistischer werden aktuelle Entscheidungen auf die Zukunft gerichtet sein. Jeder Mensch hat seine Biografie und somit eigene Geschichte. Er steht mit dieser mit der Gegenwart und Zukunft in Verbindung und im Austausch.“
Besonderer Dank gilt dem aktuellen Projektmanager des Vereins, Stefan Walter, für die kontinuierliche und engagierte Arbeit. Neben seinen Hauptaufgaben hatte er 2014 viele zusätzliche Koordinierungs- und Organisationsaufgaben in Zusammenarbeit mit einzelnen Mitgliedern und für deren Projekte zu bewältigen. Um diese vielfältigen Aufgaben auch zukünftig realisieren, vor allem aber noch professioneller umsetzen zu können, gelang es dem Verein, ihm seit September 2014 eine Büromitarbeiterin in Teilzeit zur Seite zu stellen. Der Vorstand arbeitet aktuell daran, diese zweite Stelle in Zukunft als Vollzeitstelle zu besetzen und dauerhaft zu verstetigen. Zurzeit werden zur Absicherung der Arbeit des Vereins und einzelner Projekte maßgeblich Spendengelder und Mitgliedsbeiträge genutzt.
Die Ehrenamtsstunden von Vorstand und Mitgliedern sowie deren persönliches Engagement bleiben weiterhin entscheidende Voraussetzung für die Realisierung der Ziele des Vereins. Ohne Spenden wäre aber auch dieses Engagement kaum dauerhaft möglich. Daher gilt unser großer Dank besonders den privaten Spendengebern. Durch sie konnten 2014 rund 3.000 Euro für die Absicherung der Arbeit des Vereins sowie für Projekte ohne zusätzliche öffentliche Fördermittel zur Verfügung gestellt werden. Die finanzielle Basis der Vereinsarbeit wurde wie in den Jahren zuvor über öffentliche Fördermittel abgesichert. Öffentliche Fördermittelgeber sind aktuell das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, die Stadt Jena, der Thüringer Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur sowie die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Diese Basisfinanzierung ermöglicht anteilig ein Büro, Arbeitsmittel, Personal sowie die Herausgabe unserer Zeitschrift "Gerbergasse 18". Der zuletzt für Öffentlichkeit sorgende „Patent-Streit“ um die Zeitschrift „Gerbergasse 18“ mit dem letzten Vorsitzenden des Vereins, Jürgen Haschke, konnte durch den neuen Vorsitzenden, Dr. Henning Pietzsch, im Rahmen eines vom Verein eingeleiteten Lösch-Verfahrens beim Münchner Patentamt zu Gunsten der Geschichtswerkstatt gelöst werden.
Neben der Herausgabe unserer Zeitschrift „Gerbergasse 18“ realisierten Mitglieder des Vereins verschiedene in Eigenregie oder mit Kooperationspartnern umgesetzte Veranstaltungen. Höhepunkte waren 2014 neben der Weiterführung der Zeitzeugenwerkstatt u. a. die Beteiligung an der Summer School der Friedrich-Schiller-Universität, die Kooperationen mit dem Collegium Europaeum Jenense (CEJ) an der Friedrich-Schiller-Universität, dem Verein Amthordurchgang Gera sowie der BStU-Außenstelle Gera und mit dem Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Darüber hinaus konnten mehrere Ausstellungen und historische Stadtführungen zur Zeitgeschichte angeboten werden. Inhaltliche Schwerpunktthemen waren die Ereignisse um den 17. Juni 1953, die Friedliche Revolution 1989 sowie die Aufarbeitung der Folgen der Arbeit des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR. Hauptthemen unserer Zeitschrift „Gerbergasse 18“ waren 2014 „Propaganda im Kalten Krieg“, „Nachkriegszeiten“ und „Friedliche Revolution“. Die Dezemberausgabe 2014 befasst sich mit dem Thema „Haft – Arbeit – Zwang“. Für 2015 sind die Schwerpunktthemen „Soldat sein in Ost und West“, „Flucht und Ankunft“, „Deutschlandbilder“ und „Sprache in der Diktatur“ geplant. Bedeutendes Ereignis wird 2015 aber sein, dass der Verein seit seiner Gründung 1995 zwanzig Jahre besteht. Das ist Verpflichtung und Aufgabe für die Zukunft zugleich.
Neben einer aktiven oder passiven Mitgliedschaft haben Interessierte und Unterstützer die Möglichkeit zur Spende. Diese Spenden werden ausschließliche gemäß den Zielen des Vereins eingesetzt (Spendenkonto: Sparkasse Jena-Saale-Holzland, IBAN: DE27 8305 3030 0018 0333 93, BIC: HELADEF1JEN).
Studenten der Geisteswissenschaften bieten wir nach wie vor im Rahmen ihres Studiums einen Praktikumsplatz mit interessanten Einblicken in die Praxis von historischer Bildungs-, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Interessierte Studenten wenden Sie sich bitte an unseren Projektmanager Stefan Walter
Mehr zum Verein, seine Arbeit, zu Projekten und Veranstaltungen erfahren Sie auf unseren Internetseiten unter www.geschichtswerkstatt-jena.de bzw. www.facebook.com/geschichtswerkstatt.jena.
Dr. Henning Pietzsch,
Vorsitzender
im Namen des Vorstandes und der Mitglieder des Geschichtswerkstatt Jena e. V.
Herzliche Einladung zu Vortragsveranstaltung am 10. Dezember 2014
Vorführung des Films "Ein schmales Stück Deutschland" am 25.11.2014 in Jena
Am Dienstag, 25. November 2014, um 18:00 Uhr präsentiert die Geschichtswerkstatt Jena im Kino "Schillerhof" (Helmboldstraße 1, 07749 Jena) den Film "Ein schmales Stück Deutschland" (1990, 93 min). Der Eintritt ist frei. Im Anschluss steht Regisseur Klaus Salge für eine Diskussion zur Verfügung. Alle Interessierten laden wir herzlich zu dieser Veranstaltung ein!
Zum Inhalt des Films: "Drei mal dreißig Minuten – drei Filmemacher, zwei aus Ost- einer aus Westberlin, machen sich, solange die Mauerreste noch von der geteilten Stadt zeugen, auf die Suche nach den Spuren, die das "Schmale Stück Deutschland" zwischen Mauer und Grenzzaun, dem Todesstreifen, hinterlassen hat, und finden sie – im Gesicht der Stadt und in den Menschen, die in ihr und in der ehemaligen DDR leben. Eine aufregende Begegnung mit einer Gegenwart beginnt, die schmerzhaft die Frage nach der Vergangenheit, nach der Geschichte dieses 45 Jahre geteilten Landes stellt. Und für Joachim Tschirner, Lew Hohmann und Klaus Salge beginnt letztlich auch eine Begegnung mit sich selbst. Denn aus der eigenen Biographie heraus gibt jeder der drei Filmemacher seinem Teil des Films eine unverwechselbare Sprache."
(Grafik und Text: Basis-Film Verleih GmbH)
Verstörende Nachrichten und ein ganz falsches Signal
Verstörende Nachrichten
Die Debatte um eine zukünftige Regierungskoalition in Thüringen erhitzt die Republik. Verstörende Nachrichten heben an oder ebben ab, je nach Medienkonjunktur. Viele Einwände ehemaliger Bürgerrechtler und Opfer der SED-Diktatur gegen eine solche Koalition mit den LINKEN sind nicht nur von grundsätzlich politischer Art, sie sind moralisch besetzt und gelten auch der Befürchtung, die Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen sei bei einem Zustandekommen einer Koalitionsregierung unter Führung der LINKEN am Ende.
Fast möchte man es glauben. Nur kommt jetzt eine erste Absage an die Aufarbeitung aus einer Richtung, die nicht zu erwarten war.
Falsches Signal!
Während inzwischen einer der drei möglichen Koalitionspartner auf die Aufarbeitungsinitiativen zugeht, also gesprächsbereit und offen ist für die weitere Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur, gab ein anderer bisheriger Partner ein verstörendes Signal ab. Es bleibt zu hoffen, dass ein solches Signal nicht auch in der Frage der zukünftigen Aufarbeitung zu erwarten ist. Mit Schreiben vom 16.10.2014 teilt die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag der Geschichtswerkstatt Jena mit, das Abonnement unserer Zeitschrift „Gerbergasse 18 - Zeitschrift für Zeitgeschichte und Politik“ zu kündigen.
Wer die „Gerbergasse 18“ kennt, weiß, dass es keine andere Publikation in Thüringen gibt, die sich seit fast 20 Jahren so intensiv mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur befasst und dafür oft genug Kritik von ehemaligen Genossen verbuchen konnte, weil alte Seilschaften und Untergetauchte oder nicht enttarnte Träger und Hilfskräfte des SED-Regimes enttarnt werden konnten. Ist das Signal als Desinteresse der SPD an der Aufarbeitung zu verstehen? Oder sind Sparzwänge der Grund, das Abo zu kündigen? Die „eingesparten“ 14 Euro (so viel kostet das Jahresabo) helfen der SPD-Fraktion bestimmt weiter. Nachvollziehbar ist die Kündigung jedenfalls nicht und vor allem ein ganz falsches Signal!
Sondierungsgespräche?!
Was also ist nun von den Sondierungsgesprächen der drei Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Thüringen, veröffentlicht am 23.10.2014, zu halten, wo unter Punkt 9 die Selbstverpflichtung festgeschrieben wird: „Wir arbeiten die DDR - Geschichte auf und unterstützen die Opfer des DDR-Unrechts“.
„[...] Wir werden
- die Unterstützung von Heimkindern, denen schweres Leid und Unrecht widerfahren ist, verbessern und uns dazu an der auskömmlichen Ausstattung des Heimkinderfonds beteiligen,
- die wissenschaftliche Aufarbeitung der DDR an Hochschulen und Forschungseinrichtungen
sowie dezentrale Aufarbeitungsstrukturen fördern,
- die Opferberatung finanziell besser stellen und die Gedenkstätten baulich instand setzen,
- keine Personen in Positionen dieser Regierung entsenden, die direkt oder indirekt mit dem Sicherheitssystem der DDR zusammengearbeitet haben“.
Konkrete Ergebnisse?
Nur die konkreten Ergebnisse der folgenden Koalitionsverhandlungen werden aufzeigen, wie ernst es alle drei Parteien (LINKE, Grüne und SPD) tatsächlich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur meinen. Kurzfristig betrachtet hat die strukturelle und finanzielle Sicherung der Aufarbeitungslandschaft Vorrang, egal welche politische Konstellation im Landtag zusammen kommt. Generell sollte auch in Thüringen dringend über ein Gesamtkonzept für die Aufarbeitung der Diktaturgeschichte im 20. Jahrhunderts nachgedacht werden, das neben Institutionen und Universitäten auch zivilgesellschaftliche Einrichtungen und Vereine einbezieht.
Viele Bedenken von ehemaligen repressiv Verfolgten und Opfern des SED-Regimes sowie von ehemaligen DDR-Bürgerrechtlern gegen eine Koalition aus LINKEN, Grünen und SPD in Thüringen sind berechtigt. Historische Bezüge drängen sich z. T. auf und stehen im Raum. Die gegenwärtige politische Konstellation bildet aber den aktuellen demokratischen Prozess der Landtagswahlen in Thüringen ab. Dies sollten alle mit der Aufarbeitung der Diktaturgeschichte befassten zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, Vereine und Institutionen sowie alle politischen Parteien im Landtag anerkennen und ernst nehmen.
Zukünftige Aufgabe bleibt es für alle Demokraten, unabhängig von der eigenen politischen Farbe und der Farbe der jeweiligen Landesregierung, die demokratische Debattenkultur fortzuführen, weiter zu unterstützen und zu stärken. Es gilt, über die Diktaturgeschichte weiter aufzuklären, zur Unterscheidung zwischen Diktatur und Demokratie zu befähigen und das Demokratieverständnis der kommenden Generationen zu festigen. Eine weitere Qualifizierung und Professionalisierung der Aufarbeitung der Diktaturgeschichte kann in Thüringen aber nur durch eine zukunftssichere finanzielle Absicherung vor allem der dezentralen Aufarbeitungsstrukturen gelingen!
Im Namen des Vereins
Dr. Henning Pietzsch Maria Palme
Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Jena e. V. Stellv. Vorsitzende
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12-Punkte-Plan der Geschichtswerkstatt Jena zur strukturellen und finanziellen Sicherung der dezentralen Aufarbeitungslandschaft in Thüringen
1. Abkehr von dogmatischen und parteipolitisch einseitigen Haltungen
2. Förderung einer demokratischen und offenen Debattenkultur mit den Bürgern
3. Respekt vor allen Opfern von Diktaturen
4. Finanzielle Stärkung der Opferberatung in Thüringen sowie Etablierung einer tragfähigen psychologischen und sozialen Begleitung durch geeignete Einrichtungen
5. Finanzielle Absicherung der zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereine sowie Schaffung eines gemeinsamen Haushaltstitels unter dem Dach des Kultusministeriums (Abkehr von der Einbindung der Personal- und Sachkostenzuwendungen der Vereine und Initiativen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in das Projektmanagerprogramm des Kultusministeriums. Stattdessen strukturelle und finanzielle Absicherung der Thüringer Aufarbeitungsinitiativen durch gemeinsamen Haushaltstitel, welcher mind. über die anstehende Legislatur angelegt sein sollte/muss, um eine Stabilität für die zivilgesellschaftliche Aufarbeitungslandschaft zu erhalten und zu fördern. Mindestfördersumme je Verein/Initiative mind. 80.000-100.000 EURO Grundabsicherung im Jahr.)
6. Stärkung des Zugangs von Schulen und in Vermittlung durch Träger der politischen Bildung zu Außerschulischen Lernorten als Orte der Erinnerung, der politischen Bildung und authentischer Zeugnisse
7. Verbindliche Richtlinien und Strukturen für Lehrerfortbildungen in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern der Aufarbeitung
8. Sicherung des Thüringer Geschichtsverbundes als Koordinationsnetzwerk zwischen den Parteien und den Einrichtungen und Institutionen der politischen Bildung, BStU, ThLA, Gedenkstätten und Museen sowie den Thüringer Aufarbeitungsinitiativen
9. Stärkung der Zusammenarbeit von Universitäten mit zivilgesellschaftlichen Initiativen
10. Aufstockung der Ressourcen für Projekte der zivilgesellschaftlichen Aufarbeitung der SED-Diktatur
11. Einrichtung, Vergabe und Förderung von an geeignete zivilgesellschaftliche Einrichtungen gebundene Promotionsstipendien in Zusammenarbeit mit Universitäten
12. Einrichtung einer temporären Thüringer Expertenkommission zur Ausarbeitung struktureller und inhaltlicher Richtlinien für ein Gesamtkonzept für die Aufarbeitung der Diktaturgeschichte und die Gewaltherrschaft des 20. Jahrhunderts im Verbund mit dem Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, den Außenstellen der BStU, Vertretern der zivilgesellschaftlichen Aufarbeitungsinitiativen im Geschichtsverbund sowie wissenschaftlichen Vertretern der Universitäten in Erfurt und in Jena
(Foto: Gedenkstätte Berliner Mauer/Henning Pietzsch)
Bericht zum Jürgen Fuchs-Kolloquium am 16. Oktober 2014
Am 16. Oktober 2014 fand in der Aula der Friedrich-Schiller-Universität Jena Kolloquium zu Ehren von Jürgen Fuchs statt, das vom Collegium Europaeum Jenense in Kooperation mit der Geschichtswerkstatt Jena veranstaltet wurde. Im Rahmen des Kolloquiums hat die Geschichtswerkstatt ihre Zeitzeugendokumentation "Gesichter der Friedlichen Revolution. Jena 1989-2009" vorgeführt.
Ein entsprechender Bericht in der TA ist hier abrufbar.
Heinz Voigt †
Heinz Voigt ist am 7. Oktober 2014 im Alter von 66 Jahren verstorben. Tief betroffen trauern wir gemeinsam mit der Familie und zahlreichen Freunden um unseren langjährigen Mitstreiter. Mit Heinz Voigt haben wir einen leidenschaftlichen Journalisten und engagierten Akteur für die Aufarbeitung der SED-Diktatur verloren.
Heinz Voigt war Gründungsmitglied unseres Vereins und von 1996 bis 2006 verantwortlicher Redakteur der "Gerbergasse 18". In diesen Jahren beschäftigte er sich mit einer Vielzahl von Themen der Diktatur- und Lokalgeschichte (einige Texte sind hier abrufbar). Als Beispiele seien die die Auseinandersetzung mit dem DDR-Volksaufstand vom 17. Juni 1953, der Städtepartnerschaft Erlangen-Jena (1987) und dem Schriftsteller Jürgen Fuchs genannt.
Auch in den Folgejahren veröffentlichte Heinz Voigt regelmäßig in der "Gerbergasse 18", etwa zum Jenaer Studentenklub "Rosenkeller" und zuletzt in Ausgabe 2/2014 über einen "Staats- und Parteifeind" bei der Stasi.
Wir werden Heinz Voigt ein ehrendes Andenken bewahren.
Vorstand, Mitarbeiter und Mitglieder der Geschichtswerkstatt Jena e. V.
PS: Eindrücke vom Engagement Heinz Voigts für die DDR-Aufarbeitung und die Jenaer Stadtgeschichte anhand einiger Zeitungsartikel:
- Thüringen Kontrovers: "17. Juni entlarvt das DDR-Regime"
- Karl-Heinz Johannsmeier besichtigte das Opfer-Denkmal
- Geschichte und Geschichten aus Jena
- Nicht einmal eine Antwort: Multimillionär trotzdem mit Projektideen für Jena
Ausgabe 3/2014 der "Gerbergasse 18" erschienen
Die Ausgabe 3/2014 unserer Zeitschrift "Gerbergasse 18" ist erschienen. Neben Artikeln zum Schwerpunkt "Friedliche Revolution 1989" finden Sie darin weitere Beiträge zu Themen der Zeitgeschichte und des Zeitgeschehens.
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Jürgen Fuchs-Kolloquium vom 16. Oktober 2014
Zum Jubiläum "25 Jahre Friedliche Revolution" lädt das Collegium Europaeum Jenense in Kooperation mit der Geschichtswerkstatt Jena herzlich zu einem ganztägigen Kolloquium am Donnerstag, 16. Oktober 2014, ab 9:00 Uhr in die Aula der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein. Unter der Überschrift "Leben ohne Freiheit - Jürgen Fuchs und die DDR - Welche Lehre?" werden sich Zeitzeugen und renommierte Experten mit hochinteressanten Vorträgen einbringen und in anschließenden Diskussionen auseinandersetzen.
Im Rahmen des Kolloquiums wird die Geschichtswerkstatt um 15:00 Uhr ihre Zeitzeugendokumentation "Gesichter der Friedlichen Revolution. Jena 1989-2009" vorführen. Alle weiteren Informationen zur Veranstaltung sind hier zu finden.
Tag der Stadtgeschichte in Jena am 3. Oktober 2014
"Nach 2009 steht der diesjährige Tag der Stadtgeschichte erneut im Zeichen der Erinnerung an die friedliche Revolution in unserer Stadt. Gemeinsam mit zahlreichen Gästen aus unserer Partnerstadt Erlangen wollen wir an die Anfänge der Städtepartnerschaft und die Ereignisse des Herbstes 1989 erinnern.
Am Vormittag findet der Festakt der Stadt Jena im Volkshaus statt. In einer Präsentation werden die Vorgeschichte und Hintergründe der Städtepartnerschaft zwischen Erlangen und Jena dargestellt, die 1987 von beiden Städte abgeschlossen worden war. Dabei soll gezeigt werden, wie der Staatssicherheitsdienst der DDR die vereinbarten Begegnungen vor Ort observierte.
Am Nachmittag laden Geschichtsvereine, Aufarbeitungsinitiativen und junge Wissenschaftler aus Jena zu historischen Stadtrundgängen mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten ein. An ausgewählten Orten in der Innenstadt wird auf den Kriegsausbruch 1914, die nationalsozialistische Herrschaft und den Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 sowie die Großdemonstrationen und Kontroversen vom Herbst 1989 Bezug genommen. Daneben besteht u. a. die Möglichkeit, eine öffentliche Sitzung der Jugendparlamente aus Jena und Erlangen im Historischen Rathaus zu verfolgen.
Ein ökumenischer Festgottesdienst am frühen Abend in der Stadtkirche St. Michael bildet den Abschluss des offiziellen Programms." (Quelle: www.jena.de/tagderstadtgeschichte)
Alle genannten Veranstaltungen sind kostenfrei. Die Geschichtswerkstatt Jena bietet im Rahmen des Tages der Stadtgeschichte eine historische Stadtführung zum Jahr 1989 unter dem Motto "Für uns, die wir noch hoffen" unter Leitung von Detlef Himmelreich an. Der Stadtrundgang beginnt am 03.10.2014 um 15:30 Uhr am Historischen Rathaus (Markt 1, 07743 Jena) und führt ca. 75 Minuten durch die Innenstadt von Jena.
Weitere Informationen zum Tag der Stadtgeschichte finden Sie im offiziellen Programmflyer.
Zeitzeugendokumentation und Wenigenjenaer Sommerfest 2014
Zum zweiten Mal zeigte die Geschichtswerkstatt Jena ihren Zeitzeugenfilm „Der 17. Juni 1953 in Jena. Skizzen eines Aufstandes“ am Freitag, 05. September 2014, in der Öffentlichkeit. Die Vorführung der Dokumentation im Kino „Schillerhof“ bildete den Auftakt zum Wenigenjenaer Sommerfest und stieß, wie schon die Premiere am 17. Juni 2014, auf breite Resonanz. Zahlreiche Besucher und auch einige Protagonisten der Dokumentation sahen sich den Film zum ersten Mal oder auch zum zweiten Mal an und machten die Aufführung zum Erfolg. Wer zur Vorstellung verhindert war, hat dennoch die Möglichkeit, sich den Zeitzeugenfilm anzuschauen: Die DVD ist ab sofort bei der Geschichtswerkstatt Jena für 10,00 € erhältlich. Nähere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie auf unserer Homepage unter der Rubrik "Angebote" oder können telefonisch unter (03641) 82 12 35 erfragt werden.
Am folgenden Tag machte die Geschichtswerkstatt mit einem Informationsstand beim Wenigenjenaer Sommerfest auf sich aufmerksam und stieß auf regen Zuspruch bei den Besuchern. Interessierte Gäste erhielten nähere Informationen zur „Gerbergasse 18“ und dem Wirken der Geschichtswerkstatt. Zudem fanden angeregte Diskussionen zwischen den anwesenden Vorstandsmitgliedern, Mitarbeitern und Besuchern statt. Aber auch unter den Interessierten selbst entwickelten sich Gespräche über Leben und Empfinden in der DDR. Damit wurde einmal mehr deutlich, wie wichtig die Aufarbeitung der DDR-Geschichte ist.
Am Abend lud die Geschichtswerkstatt zu ihrem Sommerfest herzlich ein. Vereins- und Vorstandsmitglieder sowie Mitarbeiter saßen in gemütlicher Runde beisammen, führten zahlreiche Gespräche und ließen die Aktivitäten des Vereins Revue passieren.
Text: Tino Lipprandt (GWS Jena) / Foto: Stefan Walter
Zeitzeugenfilm zum DDR-Volksaufstand 1953 im Kino und auf DVD
Am 5. September 2014 um 17:00 Uhr präsentiert die Geschichtswerkstatt Jena im Kino „Schillerhof“ (Helmboldstraße 1, 07749 Jena-Ost) ihre filmische Zeitzeugendokumentation „Der 17. Juni 1953 in Jena. Skizzen eines Aufstandes“. Aus der Perspektive von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen entsteht eine vielschichtige, emotionale und persönliche Collage der Ereignisse im Sommer 1953.
Aufgrund der hohen Nachfrage bei der Premiere am 17. Juni 2014 wird der Film zum zweiten Mal öffentlich gezeigt. Tickets können kostenfrei an der Kinokasse abgeholt werden. Die Filmvorstellung ist zugleich eine offizielle Auftaktveranstaltung des Wenigenjenaer Sommerfestes vom 6. bis 7. September 2014.
Wer zur Filmvorführung verhindert ist, hat dennoch die Möglichkeit, sich die Dokumentation anzuschauen: Eine DVD ist ab sofort bei der Geschichtswerkstatt Jena für 10,00 € erhältlich. Auch die Zeitzeugenfilme aus den vergangenen Jahren zu den Themen Friedliche Revolution und Wiedervereinigung werden als DVD angeboten. Nähere Informationen und Bestellmöglichkeiten stehen im Internet auf www.geschichtswerkstatt-jena.de zur Verfügung oder können telefonisch unter (03641) 82 12 35 erfragt werden.
Hinweis: Einige Auschnitte der oben genannten Zeitzeugendokumentationen können in unserer Rubrik Zeitzeugenwerkstatt kostenfrei angeschaut werden. Nähere Informationen zum Erwerb der DVDs finden Sie in der Rubrik Angebote.
Beratungs- und Gesprächsangebot für Betroffene von SED-Unrecht
Zeit: Donnerstag, 4. September 2014, 9:00 bis 12:00 und 14:00 bis 17:00 Uhr
Ort: Stadtteilzentrum "LISA" (W.-Seelenbinder-Str. 28 a, 07747 Jena-Lobeda)
Im Auftrag des Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur informiert das Bürgerkomitee des Landes Thüringen e. V. Betroffene und deren Angehörige bzw. Hinterbliebene zu den Rehabilitierungsmöglichkeiten nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen und den daran geknüpften sozialen Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen.
Er berät und unterstützt bei den entsprechenden Antragstellungen und bietet die Möglichkeit des Gesprächs über Erlebtes oder Erlittenes in der ehemaligen DDR in einem geschützten Rahmen. Das Beratungs- und Gesprächsangebot kann ohne Voranmeldung wahrgenommen werden.
Ansprechpartner vor Ort: Frau Sabine Böhme und Herr Manfred Buchta. Telefonische Rückfragen sind bei der Außenstelle Gera des Landesbeauftragten unter 0365 8223-1205 möglich.
Die Geschichtswerkstatt beim Wenigenjenaer Sommerfest 2014
Am Freitag, 5. September 2014, um 17:00 Uhr im Kino "Schillerhof" (Helmboldstraße 1, 07749 Jena; Tel. 03641-523653) zeigen wir zum zweiten Mal unsere filmische Zeitzeugendokumentation "Der 17. Juni 1953 in Jena. Skizzen eines Aufstandes". Reservierungen sind nicht möglich für diese Veranstaltung, Tickets können aber ab sofort kostenfrei an der Kinokasse abgeholt werden.
Die Filmvorführung erfolgt als Auftakt des Wenigenjenaer Sommerfestes vom 6. bis 7. September 2014. Am Samstag, 6. September 2014, informiert die Geschichtswerkstatt im Rahmen des Sommerfestes von 11:00 bis 17:00 Uhr mit einem Stand an der Promenade des Wenigenjenaer Ufers über ihre Arbeit.
Ein Programmflyer für das Sommerfest wird zusammen mit den nächsten "Wenigenjenaer Nachrichten" im Stadtteil verteilt. Der Flyer kann zudem unter www.jena.de/de/400495 heruntergeladen werden.
Grafik: Ortsteilrat Wenigenjena
Meine Geschichte, Deine Geschichte – unsere Geschichte
Am Samstag, den 12. Juli 2014 feierte der Thüringer Geschichtsverbund (Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED- Diktatur) aus Anlass des 25. Jahrestages der Friedlichen Revolution 1989/90 gemeinsam mit den Bürgern der Stadt Erfurt in der Mahn- und Gedenkstätte Andreasstraße ein Bürgerfest. Motto war das Thema „Revolution und Freiheit“.
In zwei Podiumsrunden am Nachmittag ging es um den Wert der politischen wie persönlichen Freiheit, wobei der Bogen zu aktuellen politischen Themen geschlagen wurde, so zur Krise in der Ukraine, zum Datenschutz und wer wessen Geschichte erzählen sollte und darf. Bei Letzterem wurde klar, dass es unterschiedliche Perspektiven gibt, die der Opfer des SED-Regimes, der heuteigen Aufarbeiter und die subjektiven Betrachtungen der Menschen, die die DDR ganz unterschiedlich erlebten. Es wurde zudem herausgestellt, dass die Einbeziehung der jungen Generation, die u. a. durch den Thüringer Landesschülervertreter vertreten wurde, hier einbezogen werden muss. Dabei geht es nicht nur um reine Wissensvermittlung sondern um den Dialog der Generationen und um die Herausbildung eines Verständnisses für unsere demokratische Gesellschaft, die bei genauer Betrachtung der Geschichte nicht als selbstverständlich gelten kann und daher darauf angewiesen ist, sie zu erschließen und weiter zu entwickeln.
An der ersten Podiumsrunde „Die Freiheit die wir meinten“ beteiligten sich Matthias Sengewald, Gesellschaft für Zeitgeschichte, Erfurt, Volker Bausch, Direktor der Point Alpha Stiftung, Geisa, Claudia Rusch, Berlin, Autorin und Oleg Jurtschak, aus Kiew in der Ukraine. In der zweiten Runde diskutierten Constanze Kurz, Berlin, Pressesprecherin Chaos Computer Club (CCC), Patrick Stegemann, Kooperative Berlin, Die Revolution und ihre Kinder, Phillip Brückner, Erfurt und Maximilian Reichel-Schindler, Landesschülervertreter Thüringen.
Ehrengäste waren der Thüringer Bildungsminister Christoph Matchie und Andreas Bausewein, Oberbürgermeister der Stadt Erfurt. Den Festvortrag hielt Prof. em. Dr. Josef Pilvousek, Erfurt. Matschie dankte den Thüringer Geschichtsvereinen und Aufarbeitungsinitiativen und betonte: „Ihr Engagement ist ein großer Gewinn für uns alle. Mit ihrer Arbeit halten die Vereine und Institutionen der Aufarbeitung die Erinnerung an die Repression durch das SED-Regime und an die friedliche Revolution wach. Darüber hinaus erinnern sie uns mit ihren Projekten daran, dass Rechtssicherheit und Demokratie nicht selbstverständlich sind. Es sind Werte, die immer wieder erstritten werden müssen”.
Am Abend wurde ein Konzert angeboten, wo Max Prosa (Singer-Songwriter) aus Erfurt das Publikum begeisterte.
Text und Foto: Dr. Henning Pietzsch
Stellenausschreibung
Die Geschichtswerkstatt Jena e. V. sucht zum 1. September 2014 eine/n
Mitarbeiter/in als Bürokraft
mit 12 h Wochenarbeitszeit im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung (450-Euro-Minijob). Die Stelle ist zeitlich bis zum 31. Dezember 2014 befristet, eine Verlängerung steht in Aussicht.
Schwerpunkte der Tätigkeit:
- Buchhalterische Erfassung der Zahlungsvorgänge inkl. Abrechnung der Vereinsprojekte
- Unterstützung des Projektmanagers bei der Öffentlichkeitsarbeit für Verein und Zeitschrift „Gerbergasse 18“
Für die Besetzung der Stelle gelten folgende Voraussetzungen:
- Fähigkeit zur selbständigen und eigenverantwortlichen Arbeit
- Beherrschung gängiger Office-Anwendungen
- Kenntnisse der deutschen Zeitgeschichte von Vorteil
Weitergehende Informationen zu den Aktivitäten unseres Vereins sind unter www.geschichtswerkstatt-jena.de abrufbar. Rückfragen zur Stellenausschreibung richten Sie bitte an Herrn Stefan Walter (kontakt[at]geschichtswerkstatt-jena.de oder 03641-821235).
Ihre Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen (Lebenslauf, Zeugnisse) senden Sie uns bitte bis zum 2. August 2014 schriftlich (Geschichtswerkstatt Jena, Heinrich-Heine-Straße 1, 07749 Jena) oder per Mail (kontakt[at]geschichtswerkstatt-jena.de) zu. Bitte beachten Sie: Schriftlich eingereichte Bewerbungsunterlagen können nicht zurückgeschickt werden.
Hinweis: Diese Stellenausschreibung kann hier heruntergeladen werden.
Ausgabe 2/2014 der "Gerbergasse 18" erschienen
Die Ausgabe 2/2014 unserer Zeitschrift "Gerbergasse 18" ist erschienen. Neben Artikeln zum Schwerpunkt „Nachkriegszeiten“ finden Sie darin weitere Beiträge zu Themen der Zeitgeschichte und des Zeitgeschehens.
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Einladung zum Bürgerfest „Revolution und Freiheit!?“ am 12. Juli 2014
Quelle: Stiftung Ettersberg, Erfurt
61. Jahrestag des DDR-Volksaufstandes vom 17. Juni 1953
Zum 61. Jahrestag des DDR-Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 fanden in Jena am 17. Juni 2014 mehrere Veranstaltungen statt, die maßgeblich von der Geschichtswerkstatt Jena mitgetragen wurden.
Am Nachmittag trafen sich interessierte Bürger und Gäste zu einem Stadtrundgang, der an bedeutenden Orten des Volksaufstandes vorbei führte. Stadtführer Detlef Himmelreich begleitete die Teilnehmer vom ehemaligen Zeiss-Hauptwerk (heute Universitäts-Campus am Ernst-Abbe-Platz) über das Gewerkschaftshaus und das ehemaligen Gefängnis Am Steiger bis zum Holzmarkt, auf dem sich am 17. Juni 1953 geschätzte 20.000 Menschen versammelten. Dort waren vor 61 Jahren die verschiedensten Forderungen zu hören, von der Abschaffung der Arbeitsnormerhöhungen, Meinungs- und Pressefreiheit, freie Wahlen bis zur Einheit Deutschlands. Detlef Himmelreich machte die damaligen Geschehnisse durch historische Ton- und Bildmaterialen greifbar.
Anschließend fanden die Kranzniederlegung und Gedenkminute mit einer Ansprache des Jenaer Oberbürgermeisters Dr. Albrecht Schröter statt. Interessierte versammelten sich hierzu an der Gedenktafel für Alfred Diener am Sparkassengebäude des Holzmarktes. Alfred Diener wurde stellvertretend für alle Opfer gedacht, da er als angeblicher Rädelsführer zum Tode verurteilt und am 18. Juni 1953 hingerichtet wurde.
Zum Abschluss des Tages hatte die Geschichtswerkstatt Jena am Abend eine filmische Zeitzeugendokumentation im Schillerhof-Kino vorbereitet. Der Andrang zu dieser Veranstaltung mit über 100 Besuchern war derart hoch, dass eine zweite Aufführung des Films von Torsten Eckold und Daniel Börner bereits in Vorbereitung ist. In der Zeitzeugendokumentation kamen Zeitzeugen und Zeitzeuginnen Wort, die den denkwürdigen 17. Juni 1953 in Jena erlebten und eindrucksvoll über ihre damaligen Eindrücke berichteten. Neben der geplanten zweiten Aufführung sind auch eine DVD und die Präsentation des Films im Internet in Vorbereitung.
Fotos vom Tag sind bei Facebook (Link) einsehbar. Text: Friederike Bach
Terminhinweise zu kommenden Veranstaltungen
Di, 03.06.2014 bis Fr, 20.06.2014 |
„Rebellion im Plattenbau“ |
Di, 17.06.2014 |
61. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 |
Ausstellung „Rebellion im Plattenbau“ in Jena eröffnet
Am 3. Juni 2014 wurde die Ausstellung „Rebellion im Plattenbau“ in Jena-Lobeda eröffnet. Die vom Institut für Hochschulforschung Halle-Wittenberg konzipierte und von der Geschichtswerkstatt Jena präsentierte Ausstellung erinnert an die Geschichte der Offenen Arbeit in Halle-Neustadt von 1977 bis 1983.
Im Jahr 1977 trat Lothar Rochau in Halle-Neustadt das Amt des Jugenddiakons an und bekam die Freiheit, neue Formen der Jugendarbeit auszuprobieren. Er öffnete die Räume der Kirche auch für nichtreligiöse Jugendliche und wollte zum selbstständigen Denken anregen. Durch die Werkstatttage, bei denen Jugendliche aus der ganzen DDR zusammenkamen, entstanden enge Verbindungen nach Jena. Das Ministerium für Staatssicherheit wurde bald auf das Engagement Lothar Rochaus aufmerksam und verhaftete ihn 1983, kurz nachdem er als Jugenddiakon entlassen wurde und damit den Schutz der Kirche verloren hatte.
Thematisiert wurde bei der Eröffnungsveranstaltung jedoch nicht nur die Situation in Halle-Neustadt, sondern auch die Prägungen, die Jugendliche in der Offenen Arbeit erfuhren und viele von ihnen zu Mitwirkenden der Friedlichen Revolution von 1989/90 werden ließen.
Die Ausstellung kann bis zum 20. Juni 2014 werktags von 8 bis 18 Uhr im Stadteilzentrum LISA (Werner-Seelenbinder-Straße 28a, 07747 Jena) besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.
Text: Friederike Bach (GWS Jena) / Foto: Sebastian Bonk (HoF Halle-Wittenberg)
Sie wollten einfach nur frei sein – Der Verrat an Jenaer Studenten
1968 fassten sechs Jenaer Studenten den Entschluss, die DDR zu verlassen. Um die Flucht zu organisieren, schrieben sie Briefe an ihre Westverwandtschaft. Damit die Briefe sicher ankamen, gaben sie diese einem Freund, der nach West-Berlin reisen durfte und sie dort aufgeben sollte. Dieser Freund mit Namen Aleksander Radler war jedoch Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit und gab die Briefe nur Minuten später an die Geheimpolizei der DDR weiter. Die Jenaer Studenten wurden verhaftet und zu Haftstrafen verurteilt, die sie in Gera absaßen. Der IM „Thomas“, alias Aleksander Radler, war in seiner langen Stasi-Karriere für viele solche Verhaftungen verantwortlich.
Nach einem Grußwort des Jenaer Universitäts-Rektors Prof. Dr. Klaus Dicke machte am gestrigen 15. Mai 2014 der Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde in Frankfurt/Oder, Rüdiger Sielaff, anschaulich deutlich, wie wichtig die Rekonstruktionsarbeit seiner Behörde noch heute ist. Die Akten des hier beispielhaft beschriebenen Falls des IM „Thomas“ wurde aus handzerrissenen Schnipseln wiederhergestellt und sind noch immer nicht vollständig rekonstruiert.
Drei der ehemaligen Studenten aus Jena, die von Aleksander Radler verraten wurden, waren gestern ebenfalls anwesend und berichteten eindrucksvoll von den Geschehnissen in Jena und während ihrer Haft. Da Aleksander Radler lange jegliche IM-Tätigkeit abstritt, entschieden sie sich dazu, ihr Schicksal der Öffentlichkeit zu erzählen. Die Veranstaltung wurde von der BStU-Außenstelle Gera in Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt Jena organisiert.
Text: Friederike Bach / Foto: Stefan Walter
EINLADUNG
"Sie wollten einfach nur frei sein. Der Verrat an Jenaer Studenten" lautet das Thema eines Vortrags mit anschließendem Zeitzeugengespräch am 15. Mai 2014 um 18:30 Uhr in Hörsaal 235 des Universitätshauptgebäudes in Jena. Die Veranstaltung wird von der BStU-Außenstelle Gera zusammen mit der Geschichtswerkstatt organisiert, der Eintritt ist frei. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Nähre Information zum Vortragsthema sind hier abrufbar.
WIDER DAS ZETTELFALTEN!
Zum Jubiläum der Kommunalwahlen in der DDR vom 7. Mai 1989 fand auf den Tag genau 25 Jahre später, am 7. Mai 2014, eine Podiumsdiskussion im Theaterhaus Jena zum Thema statt. Eingeladen waren der Bundesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit, Roland Jahn, und der Thüringer Bildungsminister Christoph Matschie. Beide Gäste sind eng mit der DDR-Opposition verbunden und diskutierten über die Geschehnisse der Kommunalwahl, bei deren Auszählung dank vieler Zuschauer erstmals der Wahlbetrug der SED-Regierung greifbar wurde.
Den Tag der Kommunalwahlen erlebten beide Gäste, ebenso wie die darauffolgende Friedliche Revolution, in unterschiedlichen Situationen: Christoph Matschie nahm direkt an der Auszählung der Stimmen in den Wahllokalen teil, während Roland Jahn – 1983 aus der DDR zwangsausgebürgert – aus Westberlin die DDR-Opposition unterstützte. Greifbar wurden die Geschehnisse auch durch einen Fernsehbeitrag der ARD-Sendung „Kontraste“, in dem durch Roland Jahns Kontakte auch Oppositionelle aus der DDR zu Wort kamen.
Auch Oberbürgermeister Albrecht Schröter schilderte seine Erlebnisse, indem er aus seinem Tagebuch von 1989 zitierte. Doch Moderator Ralf-Uwe Beck lenkte das Gespräch auch auf die DDR-Opposition in den 70er Jahren und auf die Bedeutung der Kommunalwahlen für den Mauerfall und die Friedliche Revolution. Die Gesprächspartner diskutierten schließlich auch aktuelle Fragen, wie beispielsweise eine eventuelle Reform des Wahlrechts bei den Thüringer Kommunalwahlen und den anstehenden Europawahlen.
Text: Friederike Bach / Foto: Stefan Walter
Bundeskongress der Landesbeauftragten 2014 in Dresden
„Zeitenwende 1989“ – unter diesem Motto fand vom 25. bis 27. April 2014 der 18. Bundeskongress der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur sowie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit den Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen in Dresden statt.
Rund 200 Personen beschäftigten sich mit den mannigfaltigen Aspekten der besagten Zeitenwende: „Der Epochenumbruch 1989/90 – Geschichtsbilder im Wandel“, „Anerkennung und Rehabilitierung von kommunistischem Unrecht“ oder aber „Fragen an die Vergangenheit – Neue Blicke auf die DDR“ waren die Themen. Nicht zuletzt das Problem des Umgangs mit dem DDR-Unrecht bot Anlass für Kontroversen und Kritik an den heute politisch Handelnden. Weitere Zugänge ermöglichten ein Theaterstück mit dem Titel „Meine Akte und ich“ oder eine Dampferfahrt über die Elbe mir der Filmvorführung „Dolce vita in der DDR. Ein Elbdampfer voller Exoten“. Der Kongress endete mit einem Besuch in der Gedenkstätte Bautzner Straße, die unter anderem das ehemalige Stasi-Untersuchungsgefängnis Dresdens umfasst. In besonderer Weise wurde dabei Opfern der sowjetischen Besatzungmacht gedacht, die – nach ihrer Inhaftierung in der Bautzner Straße – in Moskau hingerichtet wurden.
Die Geschichtswerkstatt Jena war mit Matthias Tordinic (Mitglied des Vorstands) und Stefan Walter (Projektmanager) in Dresden vertreten. Gastgeber des nächsten Bundeskongresses ist der Thüringer Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Tagung findet im Mai 2015 an der Gedenkstätte Point Alpha in Geisa statt.
Text: Stefan Walter / Grafik: LStU Sachsen
Ausgabe 1/2014 der "Gerbergasse 18" erschienen
Die Ausgabe 1/2014 unserer Zeitschrift "Gerbergasse 18" ist erschienen. Neben Artikeln zum Schwerpunkt „Propaganda im Kalten Krieg“ finden Sie darin weitere Beiträge zu Themen der Zeitgeschichte und des Zeitgeschehens.
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Buchvorstellungen zu Wegbereiter der Friedlichen Revolution
Mehr als 120 Besucher verfolgten am 14. März 2014 im Kinosaal der „Runden Ecke“, dem Stasimuseum in Leipzig, die Buchvorstellungen zu Pfarrer Christoph Wonneberger, einem bedeutsamen Wegbereiter der Friedlichen Revolution im Jahr 1989. Seine engagierte Arbeit vor allem mit Jugendlichen sowie sein konsequentes und dennoch besonnenes Handeln trugen maßgeblich zum gewaltlosen Ausgang der entscheidenden Montagsdemonstrationen in Leipzig im Herbst 1989 bei. Eine spannende Diskussion mit seinem Pfarrerkollegen Rainer Eppelmann aus Berlin sowie dem Bürgerrechtler Frank Richter aus Leipzig ließ die Geschehnisse vor 25 Jahren wieder lebendig werden.
Andreas Peter Pausch, Autor des aktuell erschienenen Buches „Widerstehen. Pfarrer Christoph Wonneberger“ (Metropol Verlag, Berlin), schrieb: „Beharrlichkeit und Unbeugsamkeit prägten ihn ebenso wie der Drang nach Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit. Seine Lebensgeschichte zeigt: Nichts muss so bleiben, wie es ist, und es lohnt sich zu widerstehen.“ Zudem ist ein zweites Buch zum Revolutionspfarrer erschienen: „Der nicht aufgibt. Christoph Wonneberger – eine Biographie“ von Thomas Mayer (Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig).
Das Buch von Andreas Peter Pausch wird in der Anfang April erscheinenden Ausgabe 1/2014 der Zeitschrift „Gerbergasse 18“ besprochen.
Text und Foto: Thomas Purschke
Die Geschichte repressiver Heimerziehung in der DDR
Bericht über die Eröffnung der Wanderausstellung „Ziel: Umerziehung“ der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau am 4. März 2014 in den Räumen der Volkshochschule des Landkreises Vorpommern/Rügen in Stralsund.
Ca. 80 interessierte Gäste kamen am 4. März 2014 zur Ausstellungseröffnung in die Räume der Volkshochschule in Stralsund. Die meisten Teilnehmer der Veranstaltung waren ehemalige Heimkinder und Insassen von Jugendwerkhöfen in der DDR. Eingeladen hatte die Außenstelle Rostock des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Mitveranstalter waren die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau, die Kreisvolkshochschule Vorpommern-Rügen (Geschäftsstelle Stralsund) und die Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Stasi-Unterlagen, Frau Anne Drescher.
Auf zwölf Tafeln und zwei Medienstationen führt die mobile Wanderausstellung in das System und den Alltag von DDR-Heimerziehung ein. Juliane Thieme, Mitarbeiterin der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau, hielt einen Vortrag über den Lebensalltag in den Spezialkinderheimen, Durchgangsheimen und Jugendwerkhöfen und erläuterte die ideologischen und politischen Ziele des „Umerziehungssystems“ der DDR. Darüber hinaus erklärte sie Einweisungsgründe, Lebensbedingungen der Kinder und Jugendliche in den Einrichtungen der „DDR-Jugendhilfe“ und sprach über prägende Erfahrungen, die Betroffene machen mussten. Bis heute beeinflussen diese Erfahrungen das Leben Vieler ehemaliger Betroffener.
Bei der anschließenden Diskussion kamen z. T. heftige Emotionen auf. Viele ehemalige Insassen der Jugendwerkhöfe und Spezialkinderheime fühlen sich bis heute nicht wirklich von der Gesellschaft verstanden. Es herrscht unter ihnen deshalb nach wie vor eine große Unzufriedenheit über die konkrete Umsetzung des von der Bundesregierung aufgelegten und kürzlich aufgestockten Kinderheimfonds Ost. Vor allem beklagt wurden die langen Wartezeiten bis man überhaupt einen Termin bei den Anlaufstellen bekomme. Die Landesbeauftragte, Frau Anne Drescher, hörte sich geduldig die Sorgen und Nöte der Betroffenen an. Sie stand im Anschluss der Veranstaltung für persönliche Fragen der Betroffenen zur Verfügung.
In der kommenden Ausgabe unserer Zeitschrift „Gerbergasse 18“ berichten wir aktuell über das Thema Kinderheime.
Die Ausstellung „Ziel: Umerziehung“ ist noch bis zum 28. März 2014 in den Räumen der Volkshochschule des Landkreises Vorpommern/ Rügen, Friedrich-Engels-Straße 28 in 18437 Stralsund zu sehen.
Links zu Internetseiten:
http://www.jugendwerkhof-torgau.de/Ausstellungen/Wanderausstellung/469/
http://www.jugendwerkhof-torgau.de/downloads/Informationen_zur_Ausleihe.pdf
http://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/168838
http://www.landesbeauftragter.de/beratung/ddr-heimerziehung/
http://www.srm-hro.de/index.php/atrium-tv/tv-beitraege/geschichtliches/210-ziel-umerziehung
Matthias Tordinic, Vorstandsmitglied Geschichtswerkstatt Jena
Sitzung des Geschichtsverbundes Thüringen
Am 3. Februar 2014 fand in der BStU-Außenstelle Gera eine Sitzung des Geschichtsverbundes Thüringen (www.geschichtsverbund-thueringen.de) statt. Der Geschichtsverbund ist eine Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der zahlreiche Initiativen, Einrichtungen und Gedenkstätten aus Thüringen angehören.
Das Treffen in Gera begann mit einer Führung, in der die Arbeit der BStU-Außenstelle Gera vorgestellt wurde. Im Anschluss waren die Jahresplanungen 2014 des Geschichtsverbundes und der einzelnen Mitglieder die Themen der eigentlichen Sitzung. Im Mittelpunkt der Beratungen stand vor allem ein Bürgerfest des Geschichtsverbundes, das am 12. Juli 2014 in der Erfurter Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße stattfinden wird und an 25 Jahre Friedliche Revolution erinnern soll.
Foto: Stefan Walter (links; Projektmanager der GWS) und Matthias Tordinic (rechts; Vorstandsmitglied der GWS) bei der Sitzung des Geschichtsverbundes Thüringen am 3. Februar 2014. (Fotograf: Johannes Beleites)
Geschichtsmesse 2014 in Suhl
Über 300 Teilnehmer versammelten sich vom 23. bis 25. Januar 2014 zur 7. Geschichtsmesse der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Suhl. „Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme“ lautete angesichts des beginnenden europäischen Gedenkjahres 2014 der Schwerpunkt der Tagung, an der sich die Geschichtswerkstatt Jena mit einem Informationsstand beteiligte.
Das breit gefächerte Programm reichte von der Frage der Vergleichbarkeit von Totalitarismen über das „kurze“ 20. Jahrhundert bis hin zur Problematik der Darstellung von Zeitgeschichte im Museum. In zahlreichen Projektpräsentationen bot sich den Anwesenden darüber hinaus ein breites Panorama von aktuellen Forschungsvorhaben, Initiativen und Ausstellungen.
Mit einem Stand auf dem „Markt der Möglichkeiten“ (s. Foto) konnte die Geschichtswerkstatt zahlreiche Teilnehmer erreichen und über ihre Arbeit informieren. Dabei stießen die ausliegenden Ausgaben unserer Zeitschrift „Gerbergasse 18“ auf großes Interesse, aber auch das Brettspiel „Mauerfall 89“ (www.mauerfall89.de) fand breite Beachtung.
Weitere Informationen zur Geschichtsmesse 2014 lassen sich unter www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/geschichtsmesse-4304.html abrufen.
Foto (v. l. n. r.): Matthias Tordinic (Vorstandsmitglied der GWS), Stefan Walter (Projektmanager der GWS) und Christian Dietrich (Thüringer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur).
Markenrechte der Zeitschrift "Gerbergasse 18"
Die Anmeldung von Markenrechten für unsere Zeitschrift "Gerbergasse 18" durch eine Privatperson wird aktuell in den Medien diskutiert:
http://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/fachzeitschrift_gerbergasse100.html
http://www.focus.de/regional/jena/geschichte-streit-um-jenaer-magazin-zur-aufarbeitung-der-sed-diktatur_id_3531861.html
Der Vorstandsvorsitzende der Geschichtswerkstatt Jena, Dr. Henning Pietzsch, hat zu dieser Angelegenheit die folgende Stellungnahme abgegeben:
Den Versuch der Privatisierung der "Gerbergasse 18" durch den ehemaligen Vereinsvorsitzenden Jürgen Haschke werten die Vereinsmitglieder als schwerwiegenden Verstoß gegen Satzung und Zweck des Vereins und beschlossen dazu auf der heutigen außerordentlichen Versammlung und anschließenden Vorstandssitzung richtungsweisende, rechtssichere Entscheidungen. Die Mitglieder und der seit Mai 2013 neue Vorstand bedauern diese Entwicklung, distanzieren sich aber von der öffentlichen Zuweisung, im Verein würden interne "Streitigkeiten" eskalieren. Die Geschichtswerkstatt steht nicht vor dem Aus; die Aufarbeitung der SED-Diktatur und ihrer Folgen wird fortgesetzt. Mehrere Projekte und Veranstaltungen sind für 2014 geplant, die "Gerbergasse 18" wird mit vier Ausgaben weiterhin jährlich erscheinen. Die 1. Ausgabe in 2014 ist zugleich die 70. seit 1996. Der generationsübergreifende Erneuerungsprozess des Vereins wird ebenso fortgesetzt und die Arbeit weiter professionalisiert.